Bachfest Leipzig 2021 – live und virtuell
VonHerbert Glossner
Fünf Tage im Juni. Von „Nun komm, der Heiden Heiland“ bis in saecula saeculorum. Amen ein unaufhörlich scheinendes Fließen von Musik. Ein tönendes Kirchenjahr, ein gesungenes Leben Jesu. Zwölf Konzerte, bis zu vier in Folge an einem Tag. Leipzig erlebte ein Bachfest wie noch nie. Und nicht nur die Stadt – weltweit zugänglich über Streaming-Konzerte waren die über drei Dutzend Kantaten und die Matthäus-Passion BWV 244. Ein virtuelles Bach-Marathon wie vor einem Jahr (FK 5/2020), damals an zwei Wochenenden. Und noch einmal ganz anders. Denn statt eines hoffnungsfroh geplanten Bachfestes „wie immer“ verlangte die Pandemie die Reduktion auf gestreamte Aufführungen in leeren Kirchen. Ein Kraftakt für alle, von den Organisatoren und Dirigenten bis zur Kamerafrau und zum Beleuchter. Dann die Überraschung: Eine begrenzte Zahl an Publikum wurde zugelassen. Also ein Bachfest live und gestreamt, ein doppeltes Dabeisein wurde möglich. Allerdings forderte das Hygienekonzept Kürzungen an einzelnen Kantaten, um den Zeitrahmen von ein bis eineinhalb Stunden Dauer nicht zu überschreiten. Schweren Herzens, so äußerte Michael Maul, Intendant des Bachfestes Leipzig, habe er das getan. Aber das Kind war gerettet: Bachs Messias – so sollte nach Mauls genialem Plan, angeregt von Händels Großwerk und dem „Leipziger Kantaten-Ring“ vom Bachfest 2018 (FK 5/2018), ein Zyklus aus Kirchenkantaten und Passion den irdischen Weg Jesu von Advent bis Pfingsten nachzeichnen. Ausschließlich mit den unvergleichlichen Vertonungen der passenden Texte von Johann Sebastian Bach, Welterbe aus dem Alltag eines mitteldeutschen Kantors. Die drei Jesus-Bände von Joseph Ratzinger hätten ihm theologisch Beistand geleistet, sagt Maul. Aus dem Briefwechsel zwischen Intendant und Papst emeritus wurde ein freundliches Grußwort zum Programm…