Das Zug-Horn in Bachs Leipziger Kantaten – Überlegungen zum „Corno da tirarsi“

Immer wieder begegnen uns in der kirchenmusikalischen Aufführungspraxis alter Musik Instrumente und Instrumentenbezeichnungen, die nicht oder nur teilweise mit dem modernen Instrumentarium vergleichbar sind. Was z.B. ist mit dem „Corno da tirarsi“ gemeint, das in etlichen Kantaten J.S.Bachs verlangt wird und welche Optionen haben wir heute, die entsprechenden Stimmen zu besetzen?
Fragen wir einen Experten:

Von Thomas Friedlaenden

Ausgangspunkt
Auf Blechblasinstrumenten, die im Hochmittelalter nur gerade gebaut werden konnten und über keinerlei Spielhilfen (Löcher, Züge, Klappen usw.) verfügten, sind lediglich Töne der Naturtonreihe spielbar. Die Skale ist aus physikalischen Gründen begrenzt. Sie enthält vor allem in den unteren Bereichen große Lücken – die Abstände werden von unten nach oben immer geringer: Oktave, Quinte, Quarte, große Terz, kleine kleine (sic) Terz, große kleine Terz, großer Ganzton, mittelgroßer Ganzton, kleiner Ganzton usw. Irgendwann vor 1370 ermöglichte die Wiederentdeckung der verloren gegangenen antiken Biege-Technologie den Bau längerer Instrumente, wodurch Metallrohre vielfältig wickelbar wurden. Dies erschloss die höheren Bereiche der Naturtonreihe, denn länger gebaute Instrumente ermöglichten auf Grund der damit einhergehenden Absenkung des Grundtones eine erweiterte Spielbarkeit der Naturtonreihe in der Höhe…


Schreibe einen Kommentar