Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bevor das Editorial zur Meckerecke verkommt – immerhin habe ich im letzten Text die Zwangsläufigkeit des neuen Gesangbuchs in Frage gestellt (und darauf nur eine einzige, übrigens: zustimmende, Reaktion erhalten) – soll es diesmal um Erfreuliches gehen. Schließlich bin ich im Urlaub und blicke von meiner Terrasse aus auf einen der unzähligen Seen in Finnland.
Derzeit läuft in meiner Heimat- und Dienstgemeinde eine Orgelrenovierung. Kein Riesenprojekt, aber mit gut einer Viertelmillion Euro auch keine ganz kleine Maßnahme.
Vor diesem Projekt, dessen größeren Anteil (gut 2/3; den Rest zahlt die Landeskirche) die Gemeinde selbst zahlen muss, war ich ein wenig um die Finanzierung besorgt. Bei Neubauten lässt sich häufig ein Großsponsor finden, schließlich schmücken sich manche Firmen gerne mit Sponsorenhinweisen wie „Diese Bombarde wurde finanziert von
Rheinmetall“.
Der Werbespruch „diese Winddruckerhöhung wurde finanziert von…“ ist da schon weniger eindrucksvoll, außer vielleicht für Nordex, Enercon, Vestas oder dem Deutschen Föhn-Produzenten-Verband.
Tatsächlich haben wir auch „nur“ eine € 10000,– Spende eines lokalen Industriellen erhalten, der Rest wurde und wird durch Klein-Spenden aufgebracht – und durch die Orgelmusik zur Marktzeit, die seit drei Jahren jährlich mit deutlichem Plus abschließt.
Dieser Überschuss wird derzeit für die Orgelrenovierung verwendet und kann später für Konzerte verwendet werden und garantiert der Gemeinde zugleich, dass eventuell für die Renovierung verwendete Rücklagen wieder aufgefüllt werden können.
Immerhin flossen diese Kleinspenden so zahlreich, dass der Kirchengemeinderat nach einem Jahr der Bestellung eines und nach weiteren sechs Monaten eines weiteren Registers zugestimmt hat – jeweils einstimmig. Übrigens wie bei der Entscheidung zur Renovierung interessanterweise mit dem gleichen Hintergedanken wie beim neuen Gesang buch: Wer weiß, ob wir so ein Projekt in zwanzig Jahren noch stemmen können.
Zur Kostenreduktion im oberen vierstelligen Bereich hat auch beigetragen, dass den Orgelbauern eine leerstehende Pfarrwohnung zur Verfügung gestellt werden konnte, die unser Kirchendiener mal so nebenher komplett mit durchaus ansehnlichem Mobiliar (und Fernseher) ausgestattet hat, das er kostenlos auf verschiedenen InternetPortalen fand. Auch der Ruhestandskirchendiener hat sich ehrenamtlich für diverse Zimmermanns-Arbeiten zur Verfügung gestellt, die im Zusammenhang mit einem zusätzlichen Orgelmotor benötigt werden.
Weitere Kosten sparen wir ein, indem wir auf WhatsApp eine Pfeifenputzer-Truppe zusammengestellt haben, die innerhalb kürzester Zeit 40 Mitglieder hatte. Diese werden von der vor Ort arbeitenden Orgelbau-Meisterin angeschrieben, wann und wie lange sie zwei oder drei Menschen für Assistenzarbeiten benötigt. In der Regel dauert es nur Minuten, bis die Arbeits-Plätze vergeben sind und sonntags biete ich dann Orgel Emporenführungen für die Enttäuschten an, die nicht zum Zuge gekommen sind. Auch zwei Reporter der Lokalzeitung haben sich der Gruppe angeschlossen, damit sie immer informiert sind, wenn die Pfeifenputzer anrücken – was wiederum bereits zu mehreren ganzseitigen Reportagen in den Gazetten geführt hat (und dafür sorgte, dass das Sommerloch nicht nur mit dem Boomer-Soli gefüllt werden musste…).
Es hat sich jedenfalls rund um die von Ostern bis Oktober wöchentlich stattfindende Orgelmusik zur Marktzeit eine regelrechte Gemeinde entwickelt, die sich auf unterschiedlichste Weise in die Renovierungsarbeiten einbinden lässt. Mit anderen Worten: Orgel – da geht was! Und Gemeindeaufbau, liebe Kolleginnen und Kollegen, zählt doch zu unseren Spezialitäten. Wenn das kein Grund ist, fröhlich zu bleiben,
Ihr
Carsten Klomp