Von Ursula Heim
Spätestens seit Bachs Orgelbüchlein wissen wir
es: was Bach, Reger und andere als „leicht ausführbar“, „für Anfänger“, für „anfahende Organisten“ oder gar „kinderleicht“ bezeichnet haben, kann sich in heutigem Verständnis rasch als arbeitsintensive Überraschung entpuppen, gefolgt von der Überzeugung „das ist zu schwer für mich“ oder „das geht auf meiner Orgel nicht“. Besonders hartnäckig halten sich diese (Vor-) Urteile bei der Orgelmusik Max Regers, selbst bei den durchaus liturgisch verwendbaren „kleinen“ Werken.
Nun zeugt es durchaus von musikalischem Verantwortungsbewusstsein, etwa beim Anblick eines zweizeiligen Chorals (zum Beispiel op. 135 Nr. 22 O Welt, ich muss dich lassen) mit den zahlreichen cresc.- und dim.-Zeichen und den Manualangaben I–III das Heft gleich wieder wegzulegen – ist aber keineswegs im Sinne des Komponisten. Heinz Lohmann schreibt dazu: „Soll und
kann das mit vielen originalen Angaben bezeichnete Notenbild in jeder Phase ‚buchstabengetreu‘ realisiert werden? Oder müssen wir nicht zuerst (…) den Sinn erfragen und dann (…) das Werk in einer ihm gemäßen, aber uns adäquaten Weise wiedergeben; das heißt, dürfen wir in einem umfassenden Sinne interpretieren?“ Reger selbst äußert sich nur dahingehend, dass „jedes Kunstwerk so interpretiert wird, daß der Aufbau der Werke, die Verarbeitung der Themen und Motive äußerst klar hervortritt“…