Von Hans-Jürgen Wulf
In Zeiten, in denen sich inhaltlich und strukturell viele Fragen an die Kirchen und damit auch
an die Kirchenmusik stellen, viel Unruhe und Unsicherheit spürbar sind, stellt die ForuM-Studie eine weitere große Herausforderung dar.
Nicht wegen der medialen Aufmerksamkeit für die derzeit angenommenen Fallzahlen seit 1946. Auch nicht wegen möglicherweise nicht ausgewerteter Akten in den Landeskirchen. Die Studie ist brisant, weil sie ins Zentrum unserer inhaltlichen Arbeit trifft. Denn zunächst muss man schlicht feststellen, dass Kirchenmusik in Ausbildung und Praxis ein gefährdeter Bereich war und ist. D.h., dass die Grundwerte, die die Stärke unserer Arbeit ausmachen – Gemeinschaft, Beziehung, Vertrauen, Emotionalität – zugleich Einfallstor sein können für Missbrauch und Grenzverletzung.
Jeder Fall ist einer zu viel und wer das Leid der Betroffenen kennt, wird jede Form der Relativierung ablehnen. Dies anzuerkennen, bedeutet nicht Misstrauen und Generalverdacht, sondern ist die Grundlage einer Sensibilisierung für dieses Problemfeld, in dem zu Recht hohe Maßstäbe an unser kirchliches Handeln angelegt werden.
Wir können und müssen die Basis, Qualität und Intensität unserer Arbeit nicht aufgeben, aber wir müssen uns in Frage stellen lassen, denn alle ehren-, neben- oder hauptamtlich im kirchlichen Dienst Stehenden brauchen Rollenklarheit und ein professionelles Verständnis von Nähe und Distanz trotz und in aller Leidenschaft für den Beruf. Wir müssen grenzverletzendes Verhalten erkennen und benennen. Wir müssen Menschen stärken und bestärken, dafür sensibel zu sein…