Berufsbild

Kirchenmusik als Chance in einer säkularen Gesellschaft (I)
Eine kulturpolitische Perspektive
Von Martin Maria Krüger

Kirchenmusik stand am Beginn der abendländischen Musikgeschichte, sie hat ihren einzigartigen Weg bis zur Neuzeit entscheidend geprägt, und sie spielt weiterhin eine wesentlich bedeutendere Rolle in unserem Musikleben, als sich dies im gesellschaftlichen Bewusstsein widerspiegelt. Hierzu tragen die Kirchen – lieber sage ich im Sinne der Ökumene, aber auch des gemeinsamen gesellschaftlichen, kulturellen und kirchenmusikalischen Bootes, in dem sie sitzen: trägt Kirche – insofern selbst bei, als sie ihr Licht unter den sprichwörtlichen Scheffel stellt. Der Deutsche Musikrat darf für sich in Anspruch nehmen, sich zumindest seit einem guten Jahrzehnt dieses Themas mit besonderer Intensität anzunehmen. 2008 wurde eine Arbeitsgruppe Kirchenmusik eingesetzt, die sich seither in der Regel zweimal jährlich trifft. Ihr gehören die Spitzen der kirchenmusikalischen Verbände der evangelischen und katholischen Kirche an, moderiert durch den Generalsekretär des Deutschen Musikrates, Christian Höppner. Die Arbeit dieses Kreises fand 2010 ihren ersten Niederschlag in der Durchführung der bundesweiten, vom Deutschen Musikrat und den beiden Kirchen gemeinsam durchgeführten Initiative „Kirche macht Musik“ mit etwa tausend Veranstaltungen statt, gipfelnd in Berlin in dem Kongress „Einheit durch Vielfalt – Kirche macht Musik“ und der daraus hervorgegangenen Resolution zur Kirchenmusik in Deutschland. 2012, im Musikjahr der Lutherdekade, verfasste die AG Kirchenmusik des Deutschen Musikrats die Resolution „Vorfahrt für Musik“ anlässlich des bundesweiten ökumenischen Projekts „Da pacem, Domine – Verleih uns Frieden“.
Den bedeutendsten Schritt hin zu einer Dokumentation und Hervorhebung der Bedeutung der Kirchenmusik stellt die Einrichtung eines eigenen Portals mit dem Titel „Kirchenmusik – Musik in Religionen“ durch das Deutsche Musikinformationszentrum – sprich: „MIZ“, ein Projekt des Deutschen Musikrates, dar. Dort finden Sie in einzigartiger Klarheit, Vollständigkeit und Konzentration Grundsatzartikel, Statistiken und Dokumente zu diesem Themenfeld. https://themen.miz.org/kirchenmusik. Die in diesem Beitrag verwendeten Zitate sind durchweg Texten und Dokumenten entnommen, welche auf diesem Portal dokumentiert sind und, soweit es sich um Grundsatzartikel handelt, in dessen Auftrag – und damit dem seines Trägers, des Deutschen Musikrats – verfasst wurden. Ergänzend erwähnt, auch unsere anderen Projekte, in besonderer Weise regelmäßig der Deutsche Chorwettbewerb sowie anlassbezogen, zuletzt im Reformationsjahr 2017, das Bundesjugendorchester in Kooperation mit dem Bundesjugendballett und das BundesJugendJazzOrchester „BuJazzO“. In gewisser Hinsicht kommt mein Beitrag zu früh: Am 16. Oktober dieses Jahres wird der Deutsche Musikrat im Zusammenwirken mit den kirchenmusikalischen Spitzenverbänden in Berlin den Kongress „Kirchenmusik: Chance für Gesellschaft, Kultur und Kirche“ durchführen. Für herausgehobene Wahrnehmung im Bereich des Musiklebens wird die unmittelbare Verbindung mit der am nächsten Tag stattfindenden Mitgliederversammlung des DMR garantieren. Wir hoffen auf entsprechenden Widerhall auch bei den Kirchen! Angesichts dieses bevorstehenden Gipfels zum Thema Kirchenmusik erlaube ich mir festzuhalten, dass mein heutiger Vortrag Arbeitsergebnisse oder Positionen des Kongresses weder vorwegnehmen soll noch kann. Es handelt sich um eine Positionierung in meiner Eigenschaft als Vertreter des DMR im Rahmen der durch diesen fortlaufend erarbeiteten Grundlagen, letztlich aber unter Formulierung subjektiver Standpunkte. Aus einer gewissen Außenansicht, über die Kirchenmusik zu reden, bin ich gern gefolgt, da ich schon die Tatsache, dass Sie als geistliche und musikalische Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen Kirche auf dieser Ebene und in dieser Vielzahl hier zusammengekommen sind, als grundlegende Chance für eine verbesserte Wirksamkeit der Kirchenmusik in Politik und Gesellschaft und damit auch einer verstärkten Wahrnehmung der Kirche durch Musik ansehe; eine Chance, die zu ihrer Wahrnehmung allerdings eines von dieser Versammlung ausgehenden, in die Gesellschaft hinein gerichteten Impulses bedarf. Mir ist bewusst, dass Kirchenmusiker*innen einen profunden Erkenntnisstand hinsichtlich der im Thema apostrophierten säkularen Gesellschaft einerseits, der Wechselwirkungen von Kirche, Religion und Musik untereinander sowie im Hinblick auf ebendiese säkulare Gesellschaft andererseits aufweisen. Ungeachtet dessen wird ein ganzheitlicher Blick auf unser Themenfeld nicht umhinkommen, diese Bereiche anzusprechen. Anmerken möchte ich noch, dass im Kontext dieses Vortrags der Begriff „Kirchenmusik“ verstanden wird als Musik, die von der Kirche ausgeht oder in ihren Kontext gestellt wird…

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