Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
einige Nachrichten der letzten Wochen: Im Deutschlandfunk wurde von einer Umfrage bei den sog. Kulturorchestern berichtet, derzufolge das Publikum zwar zurückkehrt, aber in reduzierten Zahlen. Deutlich eingebrochen seien hingegen die Abonnement-Verkäufe der Opern- und Konzerthäuser. Im gleichen Sender kürzlich eine lange Sendung mit O-Tönen von Veranstaltern aus der Jazz-/Rock-/Popszene. Tenor: Es läuft wieder an, ist aber völlig unberechenbar. „Top-Acts“ verkaufen sich, wobei die hier bezahlten Preise ins Uferlose steigen, bei den kleineren Veranstaltungen muss man mit allem rechnen. Überraschende Erfolge stehen weitaus häufigeren Flops entgegen.
In der regionalen Tageszeitung wurde kürzlich der Chef eines der großen deutschen Kunstmuseen zitiert. Eröffnungen könnte sein Haus ständig veranstalten – die seien immer gut besucht. Aber dann käme die gähnende Leere im Haus. In der Mainzer Fastnacht sind die sog. Prunksitzungen gut besucht – allerdings nur, weil die Vereine deren Zahl deutlich reduziert haben (woher ich das weiß, erzähle ich ein anderes Mal).
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Chorzeit berichtet zwar von den Vorzügen digitaler Formate, aber vor dem Hintergrund einer deutlich zurückgegangenen Besucherzahl bei klassischen Chorkonzerten. „Es gibt jetzt einfach viele Leute, die drei Online-Abos haben für die klassischen Streaming-Dienste. Eine Serie ist halt viel spannender. Überhaupt, dieses Rausgehen und viel unterwegs sein ist nicht mehr so stark wie vorher“, wird Folkert Uhde, Mitgründer des Berliner „Radialsystems“ in dem Artikel zitiert. Auch in diesem Artikel werden digitale Konzertformate als möglicher Ausweg aus der Misere beschrieben. Abgesehen von den finanziellen Problemen „kleinerer“ Veranstalter, die es nie schaffen werden, solche Formate so zu vermarkten, dass sie nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben, bin ich nicht ganz sicher, ob ausgerechnet die Formate, wegen der die Leute zu Hause bleiben, die Rettung aus den aktuellen Nöten sind. Ganz persönlich bewegt mich aber ein anderer Punkt. Ich musiziere vor allem aus zwei Gründen: Für mich selbst – dabei will ich mich aber nicht filmen lassen. Oder für ein Publikum, aber das will ich sehen und hören können. Meine (wenigen) YouTube-Aufnahmen, wie z.B. meine Goldberg-Variationen, haben viel mehr Menschen angeklickt als in Konzerten gehört – und mir viel weniger Spaß gemacht als jedes einzelne dieser Konzerte. Wie gesagt sind das ganz persönliche Wahrnehmungen. Deswegen würden mich die Ihren interessieren. Was tun Sie, um wieder Menschen für den Chorproben- und Konzertbesuch zu begeistern? Wie halten Sie es mit Video-Formaten?
Schreiben Sie mir an redaktion@forum-kirchenmusik.de
Ich freue mich auf Ihre Nachrichten,
Ihr Carsten Klomp

Schreibe einen Kommentar