Von Shaun Yong und Tobias Willi
Stanford zählt zu den produktivsten englischen Komponisten seiner Generation. Sein riesiges kompositorisches Schaff en schliesst Werke für fast alle denkbaren Gattungen und Besetzungen ein, darunter 7 Orchestersinfonien, kleinere Orchesterwerke, diverse Solo-Konzerte, 10 Opern, Oratorien, Kammer- und Klaviermusik sowie ein umfangreiches Liedschaff en. Liturgische Chorwerke und Orgelmusik nehmen darin einen prominenten Platz ein.
Stanford als Komponist und Lehrer
Stanfords Werk steht am Anfang einer als English Musical Renaissance bezeichneten Umbruchzeit, welche eine „genuin englische“ Musik propagierte, die sich von der etablierten, kontinentaleuropäischen (insbesondere deutschen) Tradition emanzipieren und an deren Seite einen Platz im britischen Konzertleben einnehmen sollte. Damit würde der auf den deutschen Schriftsteller Oscar Schmitz zurückgehenden Apostrophierung Englands als „Land ohne Musik“, das seit Purcell keinen großen Komponisten hatte hervorbringen können, ein Ende bereitet. Während Stanford und viele seiner Zeitgenossen sich noch durch „Lehr- und Wanderjahre“ auf dem Kontinent weitergebildet hatten, ermöglichten nun die neu entstandenen Ausbildungsstätten eine hohe Professionalisierung der Musikausbildung im eigenen Land. Die dort lehrenden Professoren wurden gestützt durch eine enge Verbindung zur Musikkritik; einer der einflussreichsten „Propagandisten“ der Renaissance war der Musikkritiker der Times, J. A. Fuller Maitland. Die Wechselbeziehung von institutioneller Bildungspolitik, Lehre und Rezeption war allerdings auch Gegenstand von Kritik; so beurteilte der scharfzüngige Kritiker George Bernard Shaw das Netzwerk der Renaissance als mutual admiration society, deren Exponenten sich wechselseitig der Bedeutung ihrer Kompositionen versichern würden…