Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sind Sie auch schon mal nach Benefizkonzerten gefragt worden? Ich meine nicht die Art von Benefizkonzerten, bei denen die Musici normale oder gar üppige Honorare bekommen und das Publikum einfach etwas mehr für den guten Zweck zahlt (übrigens ein regelrechtes Geschäftsmodell, mit dem sich der eine oder andere schon eine goldene Nase verdient hat). Nein, ich meine die Art von Benefizkonzerten, bei denen Sie ganz umsonst spielen dürfen und das eingenommene Geld im besseren Fall für eine Ihnen persönlich nahestehende Aufgabe wie Orgel-, Kirchen- oder Kindergartendachrenovierung, im weniger guten Fall für irgendeinen anderen Zweck (Neubau einer Autorennbahn, Taubendreckentfernung des regionalen Hindenburg-Denkmals, Renovierung des Versammlungsraums für den Fußballverein Halbe Lunge…) verwendet werden soll. Ich spiele durchaus gelegentlich solche Konzerte, wobei ich mir mittlerweile ein persönliches Jahreslimit für derlei Veranstaltungen gesetzt habe. Allerdings frage ich mich manchmal, ob mein Zahnarzt oder der Automechaniker meines Vertrauens auch regelmäßig angefragt wird, doch mal für einen guten Zweck zu bohren oder zu schrauben.
Besonders „großzügig“ finde ich (auch wenn ich das gegen Ende meiner beruflichen Laufbahn selbst nicht mehr erlebe) Anfragen, die sich erbieten, mich durch einen möglichst preiswerten oder gar kostenlosen Auftritt einem großen Publikum präsentieren zu können.
Vor ein paar Tagen erhielt meine Klavier-Duopartnerin, Pianistin und hauptberuflich Leiterin der hiesigen Musikschule, so eine Anfrage. Erst wurde nach Profis für die drei(!)stündige Verabschiedungsveranstaltung einer höheren Richterin gefragt, bei der am Anfang, in der Mitte und am Ende musiziert werden solle.
Das Budget hierfür läge im unteren dreistelligen Bereich und man hätte gerne ein mehrköpfiges Ensemble aus Lehrkräften oder anderen Profis. Da sich für einen Stundenlohn im unteren zweistelligen Bereich kein Profi finden lassen wollte, schlug die Organisatorin vor, man könne doch begabte Schüler nehmen „und auf die Art gleich Werbung für die Musikschule machen“.
Just einen Tag später sandte mir ein befreundeter Musiker einen Text zu, der in seinem Orchester kursiert und den ich hier – leider ohne Quellenangabe, da sich diese nicht eruieren ließ – wiedergebe.

Anfrage:
Wir sind ein kleines Restaurant und suchen Musiker, die gelegentlich bei uns musizieren, um bekannt zu werden. Wir können zwar keine Gage zahlen, aber wenn die Sache gut funktioniert und die Musik gut bei unseren Gästen ankommt, könnten wir an den Wochenenden auch Tanzveranstaltungen machen. Sollten Sie also da ran interessiert sein, Ihre Musik bekannt zu machen,
melden Sie sich bitte bei uns.

Antwort:
Wir sind Musiker und wohnen in einem ziemlich großen Haus. Wir suchen ein Restaurant, das gelegentlich bei uns Catering macht, um bekannt zu werden. Bezahlen können wir nichts, aber wenn die Sache funktioniert und das Essen schmeckt, dann können wir das regelmäßig machen. Es wäre bestimmt eine gute Reklame für Ihr Restaurant.


Na, das nenne ich doch mal eine Win-Win-Situation!
In diesem Sinne: Bleiben Sie fröhlich,
Ihr Carsten Klomp

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