Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
bedingt durch die Entfernung zwischen meiner Wohn- und Arbeitsstätte verbringe ich seit geraumer Zeit wöchentlich ein oder zwei Nächte in Hotels. Wenn alle Mails abgearbeitet sind, fällt dort mein Blick auf das Fernsehprogramm.
An an ARD und ZDF kann ich meist sehr schnell vorbeizappen, denn mich interessieren weder die von meinen Gebühren finanzierten Bergretter und Traumschiffe noch SoKos aus Duisburg, Rostock oder Hintertupfingen, Tatorte oder Quizzsendungen. Auch „Lieder so flach wie der Norden“ (ich glaube die Sendung heißt etwas anders) lassen mich eher kalt. Und schon gar nicht interessiert mich der mit Milliardenbeträgen finanzierte Fußball; andere Sportarten sind ja offensichtlich ohnehin ausgestorben – jedenfalls im Fernsehen. Wobei einem natürlich die ganzen Fußballmillionäre leid tun müssten, wenn sie allein von den edlen Spendengeldern aus Katar und anderen Quellen leben müssten. Immerhin unterstützt Katar inzwischen ja auch das EU-Parlament so freundlich und adelt sich dadurch gewissermaßen selbst, aber das ist ein anderes Thema. Also zurück zum Öffentlich-rechtlichen: Selbst wenn ich all dies sehen wollte, könnte ich dies auf den werbefinanzierten Privatsendern bis zum Abwinken tun und zwar ohne dafür bezahlen zu müssen.


Sie fragen sich vielleicht, warum ich Sie mit meinen persönlichen Fernsehabneigungen belästige? Nun zum einen, weil ich in diesem Sommer ein „heuteshow“-spezial gesehen habe, bei dem mal wieder hemmungslos auf „die Kirche“ eingeprügelt wurde. Ein Prügelpunkt dabei war die Alimentierung bayerischer Bischöfe aus Staatsgeldern, die man trotz bestehender Konkordate sicher hinterfragen kann. Ein anderer die Einziehung der Kirchensteuern durch den Staat, wobei die Tatsache, dass der Staat sich (zu Recht) großzügig für diesen Service entlohnen lässt, natürlich unerwähnt blieb.
Zum anderen, weil vorgestern im Deutschlandfunk, den ich sehr gerne höre und für den ich auch gerne bereit bin zu zahlen, darüber berichtet wurde, dass der mit 58 Jahren in den verdienten Ruhestand entglittene ehemalige Fernsehdirektor des RBB von diesem ein Ruhegehalt von € 7000,– (in Worten: Siebentausend Euro) für seine fünfjährige Tätigkeit beim Sender bekommt. Bis zu seinem Ableben.
Schauen Sie doch mal auf Ihrem Rentenbescheid und überlegen, wie viele Jahrzehnte Sie noch arbeiten müssten, um auch nur auf die Hälfte zu kommen. Wohlgemerkt: Ich will hier keine Neid-Debatte anzetteln. Auch wenn ich es nicht nachvollziehen kann, habe ich kein Problem damit, wenn ein BMW-/ Mercedes-/VW-Ex-Vorstand mit Millionenbeträgen nach Hause geschickt wird. Ich muss ja keinen BMW/VW/Mercedes kaufen. Wenn ich aber die Anzahl der luxuriösest vergüteten zahlreichen Intendantinnen und Intendanten und der noch viel größeren Anzahl der ebenfalls großzügigst ausgestatteten Ebenen darunter (von den millionenschweren Fußballern ganz zu schweigen) mit denen der bayerischen Bischöfe vergleiche, drängt sich doch eine Frage nahezu auf: Warum kann man eigentlich aus der Kirche austreten, nicht jedoch aus ARD und ZDF?


Ein schönes neues Jahr voller Fernsehgärten, Musikantenstadl und zwischendurch viel schöner Kirchenmusik, wünscht Ihnen

Carsten Klomp

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