Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Kolleginnen und Kollegen

kurz vor den Sommerferien fand in der Heidelberger Hochschule für Kirchenmusik das Berufungsverfahren für eine halbe Pop-Professur statt. Abgesehen davon, dass solche Verfahren immer spannend sind, gab es diesmal einen für mich besonders
interessanten Punkt: Wir hatten die fünf eingeladenen Menschen neben der musikalischen Vorstellung und den Unterrichtseinheiten um einen Kurzvortrag über die Zukunft der Popularmusik in der Kirche im allgemeinen und im Hochschulstudium im besonderen gebeten.
Ich kann natürlich an dieser (oder irgend einer anderen) Stelle keine Einzelheiten aus dem Verfahren oder den jeweiligen Vorträgen berichten, aber es war doch bemerkenswert, dass sich alle fünf Vorträge und die sich daran anschließenden Gespräche immer wieder auf einen Punkt zuspitzten. Nämlich die Frage, ob die Ausbildung im Bereich der Pop-Kirchenmusik ein ergänzender Teil des bisherigen Studiums sein könne bzw. solle oder ob es doch lieber ein auf den Pop-Bereich spezialisiertes Studium sein solle.
Diese Frage ist alles andere als eine Formalität, denn sie führt zu der Frage: Soll das Ergebnis eines Studiums die in (möglichst) allen Pop-Stilbereichen bewanderte und ausdrucksfähige Pop-Kirchenmusikerin sein, die jedoch im „Klassik-Segment“ keine Ahnung hat und nicht mal Lobe den Herren auf der Orgel spielen kann? Oder wollen wir doch lieber den „General-Dilettanten“, der ebenso viel bzw. wenig über historische Fingersätze und die Chormusik von Brahms wie über den Unterschied zwischen Gospel- und Soul-Begleitung auf dem Keyboard oder Close-Harmony-Arrangements weiß?
Diese Frage ist durchaus nicht nur rein hochschulpolitisch sowie für das Curriculum relevant, denn sie hängt unmittelbar mit dem künftigen Berufsbild oder, noch konkreter, mit den zu besetzenden Stellen zusammen. Denn bei der einen Lösung stellt sich die Frage, ob wir es uns als sehr kleiner und unter Spardruck stehender Berufszweig leisten können, unser Berufsbild und zugleich die Zahl der Stellen zwischen dem einen und dem anderen Segment noch einmal aufzuteilen. Bei der anderen Lösung hingegen stellt sich die Frage, ob wir es uns als Berufsstand in einer sich zunehmend professionalisierenden Musik-Umwelt leisten können, zwar irgendwie ganz viel, aber nichts davon richtig zu können.

Eine schwierige Zwickmühle, bei der mich Ihre Antworten sehr interessieren würden.
Schreiben Sie mir unter redaktion@forum-kirchenmusik.de. Bis dahinbleiben Sie fröhlich,
Ihr Carsten Klomp

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