Arbeit in der Krise

Kirchenmusik digital – Möglichkeiten, Chancen und Grenzen
Von Peter Gortner

Hätte mir vor einem halben Jahr jemand erzählt, dass wir Kantoren in der Passionszeit 2020 keine einzige Bach-Passion aufführen würden und es ein Osterfest ohne Gottesdienst gäbe, hätte ich ihm wohl kaum geglaubt. Die „7 Wochen ohne“ haben in diesem Jahr eine völlig neue Dimension erreicht. Inmitten der Passionszeit – kurz vor dem Sonntag Oculi – erreichte uns die Landesverordnung des Landes Baden-Württemberg, welche mit sofortiger Wirkung alle Gottesdienste untersagte. Es folgten die „7 Wochen nach Corona“ ohne Gottesdienste, Chorproben, Orgelunterricht, ohne den regionalen Dirigierkurs, das große Karfreitagskonzert und die Feier der Osternacht. Zahllose Veranstaltungen wurden abgesagt und es werden weitere folgen. Covid-19 schränkt unser kulturelles Leben derzeit weltweit ein. Dennoch gibt es viele neue Möglichkeiten und Chancen für die kirchenmusikalische Arbeit gerade im Bereich der neuen Medien. Diese sollen in folgendem Artikel aus der Sicht des Kirchenmusikers beschreiben und gleichzeitig deren Grenzen aufgezeigt werden. Im Folgenden wird der besseren Lesbarkeit auf die weibliche Form von Sängerinnen verzichtet, Sänger bezieht sich jeweils auf alle Anwesenden.
Chorproben online – Kann das funktionieren?
Mitglieder des Oratorienchores und des Kammerchores der Christuskirche Karlsruhe beim ersten Technik-Test. Manch ambitionierter Sänger sogar mit Notenständer. Alle Chöre an der Christuskirche proben seit Ende März online über die Konferenz-Plattform „Zoom“. Bei unserem ersten Technik-Test haben wir relativ schnell die Grenzen der derzeitigen Technik erkannt und folgen in unseren Proben einem einfachen, aber sehr effektiven Registerproben-Konzept. Wie bei allen Plattformen derzeit ist ein „echtes“ gemeinsames Singen aufgrund der Latenzzeit leider (noch) nicht möglich. Es sei an dieser Stelle auf die aktuellen Forschungsarbeiten des Projektes digital-stage.org hingewiesen. Dieses einmalige Projekt verspricht „Echtzeit-Musizieren“ und steckt momentan in der Testphase mit dem Programm soundjack. Sollte das Projekt erfolgreich sein, wäre das ein großer Schritt für digitale Chorproben mit gemeinsamem Gesang und auch beispielsweise Unterricht an Musikhochschulen…